Leserumfrage: Wie einfach darf Homöopathie sein?

Wie einfach darf Homöopathie sein?

Wir sind überwältigt von den engagierten und fachkundigen Rückmeldungen zu unserer Meinungsumfrage unter den Leser*innen im Oktober Newsletter.
Alle Beiträge zeigen deutlich: Eine fundierte, verantwortungsvolle Ausbildung ist die Grundlage für eine wirksame homöopathische Praxis.

Lesen Sie hier Stimmen unserer Leser*innen, einen Debattenbeitrag von Dr. Susanne Schnittger, Akademieleiterin der Homöopathie Akademie, sowie ein historisches Zitat von Clemens von Bönninghausen, das eindrucksvoll an die Wurzeln gründlicher Homöopathie erinnert.
 

»Ein kurzes Statement zu dieser Thematik:

Ich habe selbst die Wochenenden in Gauting von 1998 bis 2000 absolviert, anschließend viele Seminare bei Henny Heudens-Mast und vieler anderer Referenten besucht und seit 2015 bin ich regelmäßig auf Fortbildungsseminaren bei Dr. Uwe Friedrich.

In Gauting habe ich die Vielfalt der homöopathischen Herangehensweisen gesehen, konnte "meinen" homöopathischen Weg finden und lernte sicherlich auch, wie ich es in meiner Praxis nicht machen will. Dies kann allerdings nicht an vier Wochenenden geschehen, sondern ist ein kontinuierlicher Prozeß. Auch der Austausch mit Referenten und Kollegen abseits der Fortbildungen waren ein wichtiger Bestandteil dieser Entwicklung. 

In den weiteren Jahren entwickelte sich so meine Art der homöopathischen Anamnese und Behandlung.

Wenn in einer Behandlung sofort das richtige Mittel gefunden wird, dann erscheint Homöopathie einfach. Aber man wächst gerade an den Fällen, die schwierig sind und den Patienten nicht sofort geholfen werden kann. Da ist es wichtig, den Fall auch mal aus einer anderen Perspektive (z.B. miasmatisch) betrachten zu können. Diese Möglichkeit besteht aber nur dann, wenn ein entsprechendes Wissen auch vorhanden ist. Dies ist nicht in vier Wochen, und vor allem nicht Online, erreichbar.

Es ist gut, wenn die Homöopathie nach all den Versuchen von Lauterbach und Co sie zu verunglimpfen, trotzdem weiterhin gefragt ist.

Deshalb sollte es unser Anliegen sein, Homöopathie auf einem hohen Niveau als Therapeuten anzubieten. Und dafür ist eine entsprechende Ausbildung unerläßlich. Selbstverständlich hat aber daneben die Laienbehandlung auch Ihre Berechtigung.«

 

Manfred Faltus, Heilpraktiker


»Liebe Redaktion Newsletter des Homöopathie-Forums,
zur Frage "Homöopathie zwischen Schnellkurs und Studium", hier meine Antwort:

Die Ausübung der Homöopathie ist wesentlich mehr, als nur eine x-beliebige Therapie unter Verwendung von homöopathisch hergestellten Medikamenten. Sie folgt deswegen ganz eigenen Regeln und Erkenntnissen, die man leider nicht – da sind wir uns einig – in einem Schnellkurs erlernen kann. Dies gilt umso mehr, als dass für eine wirkliche homöopathische Behandlung, die diesen Namen auch verdient, ein sehr profundes Materia Medica Wissen notwendig ist….

… Natürlich haben wir heutzutage - gegenüber der Zeit von Hahnemann und von Bönninghausen - neue Möglichkeiten wie die Computerrepertorisation und die computergestützte Materia-Medica-Recherche, beides ist aber Fluch und Segen zugleich.

Der Rechner rechnet einem alles aus, was man eingibt, Sinnvolles und nicht Sinnvolles. Auch sollte man beim Materia Medica Studium sehr auf verlässliche Quellen achten …. Dabei ist auch die zeitliche Einordnung (wer hat von wem abgeschrieben? Wurde das Symptom zuerst vom Deutschen ins Englische und dann wieder rückübersetzt?) wichtig. Auch der Umgang mit klinischen Symptomen und Rubriken erfordert besondere Vorsicht.

Aus diesen Gründen, glaube ich, sind auch heutzutage das Wissen um wichtige und bewährte Grundregeln und Erkenntnisse der Homöopathie und eine profunde Materia-Medica-Kenntnis…immer noch unentbehrlich für eine gute homöopathische Therapie.«

Michael Neupert


»Hallo an das Team des Homöopathie Forums,
ich denke, eine fundierte Ausbildung ist unerlässlich.

So schön es ist, dass wieder mehr Interesse besteht, denke ich, dass mit schnell und kurz gelernter Homöopathie eher wieder die Einstellung gewinnt, dass Homöopathie doch nicht funktioniert.

Denn sie muss fundiert ausgeübt werden, sonst klappt es nicht. Homöopathie ist toll, aber nicht einfach. Die Ergebnisse bringen mich immer wieder zum Staunen – oder eben zum Verzweifeln, wenn ich den Fall in der Tiefe nicht verstanden habe und nichts passiert.

Ich habe die vollständige Ausbildung in Gauting gemacht, gehe regelmäßig zu meiner Supervisionsgruppe, bin immer wieder bei Fortbildungen und dennoch hatte/habe ich Krisen und wusste nicht, ob ich es schaffe, eine gute Homöopathin zu sein. Homöopathie ist, jedenfalls für mich, ein lebenslanges Lernfeld, selbst vor der Ausbildung hatte ich schon viel Wissen über Homöopathie, dennoch merke ich, dass zwischen meinem Können und dem der Cracks noch ein ganz schöner Gap ist.

Für schnelle, kurz gelernte Homöopathie gibt es doch genug Bücher für Laien, die auch oft hilfreich sind.«

Bettina von Nottbeck


»Liebes Homöopathie Forum Team,
ich plädiere dafür, die Ausbildung seriös und umfassend zu belassen. Wenn ich nicht in Düsseldorf leben würde, wäre ich vor 30 Jahren zu Ihnen gekommen! …

In meiner Schule ist es auch so, dass ich die Ausbildung gekürzt habe, allerdings nicht die Inhalte. Es ist notwendig, diese alle zu erhalten. Das gilt für die Homöopathie genauso. Leider haben die TN heutzutage keine Geduld mehr. Alles soll schnell gehen und möglichst automatisch in den Kopf fließen ;-)...

Also dran bleiben, es lohnt sich. … «

Gabriele Vierzig-Rosteck


»Guten Tag liebe Redaktion!
Schön, dass Ihr dieses Thema aufgreift. Ich stimme vollkommen mit Euch überein: Die Homöopathie ist ein so großer Komplex, den man niemals in kurzer Zeit begreifen, geschweige denn erlernen kann.

Es gibt ja auch schon ewig  Bücher zur Selbstbehandlung, auch Quatsch.

Wie soll die Homöopathie an Wertschätzung und Ansehen gewinnen, wenn man sie dermaßen läppisch darstellt? Ein ernsthaftes Problem.

2000 habe  ich in der Gautinger Akademie eine sehr gute Basis-Ausbildung erlangt, mich  jährlich weiter gebildet und kann dennoch nicht behaupten, alles zu wissen.

Ich arbeite mit Freude seit 25 Jahren in eigener Praxis und habe sicherlich viele Erfahrungen gesammelt.

 … professionelle Arbeit geht nur – wie immer und überall – mit viel Ausdauer und Fleiß.«

Jutta Kiekens


»Liebe Redaktion,
ich bin der Meinung, Therapeuten, die ihre Dienste in einer Praxis anbieten, benötigen die bestmögliche Ausbildung und gerne auch ein Zertifikat.
Die schwarzen Schafe, die Homöopathie im Crash Kurs lernen und daraufhin Patienten behandeln, sorgen dafür, dass die Homöopathie in Verruf gerät.
Was jeder einzelne persönlich tut (Selbstbehandlung) sehe ich unkritisch.
Aber bitte nicht mit unzureichendem Halbwissen andere behandeln.«

Doris Seitz


»Ich denke Hahnemann würde sich im Grabe umdrehen. Es geht m.E. wie immer um Geld. 

Ich verfolge diese Internet“-Kurse“ die da abgehalten werden und ich finde es eigentlich schlimm was den Menschen da vermittelt wird. Vor allem ohne Empathie.. für Fusspilz das Mittel. Es fehlt komplett die Pathophysiologie. Die Leute haben keine Ahnung was sie behandeln. Und demzufolge höre ich draußen immer öfter…“die Schublade ist voll Globulis, aber es hat eigentlich noch nie geholfen „. Was daran gut für Homöopathie sein soll, ist mir nicht verständlich. ME schadet es der Homöopathie sehr. 

Und zu den Kursen: es ist einfach unglaublich was den Patienten da  suggeriert wird und was da an Geld fließt. … Da werden Kurse abgehalten, bei denen dann die Pat angehalten werden, mal grad auf sich zu hören und z.B. Nat-m c 10.000 zu nehmen usw. kann ja nix schaden.

Das ist grob fahrlässig…. Sowas müsste verboten sein.«

R.A., Heilpraktikerin


»Manchmal kann es nicht einfach genug sein und schnell genug gehen: wenn ich mir zum Beispiel am Wochenende den Fuss vertrete, meine Finger verbrenne oder eine Erkältung im Anmarsch ist. Die meisten homöopathisch arbeitenden Kollegen sind dann nicht erreichbar. Wie froh bin ich dann, wenn ich eine Hausapotheke und ein kleines Nachschlagewerk habe, so dass ich mir schnell selbst helfen kann. Noch besser, wenn ich einen kleinen Kurs gemacht habe, wo ich die wichtigsten Mittel für solche Situationen und kleinen Unfälle gelernt habe und einfach aus dem FF kann. Wer das nicht kann, darf sich natürlich auch der KI bedienen. Warum auch nicht? Die Welt bleibt nicht stehen und auch wir Therapeuten haben vor vielen Jahren angefangen, Computer-basierte Repertorisationsprogramme zu benutzen. Natürlich dürfen und sollten wir Homöopathen auch den Fortschritt nutzen.

Aber für die Therapie von chronischen Krankheiten und erst recht schweren Pathologien wird es immer den erfahrenen und am besten auch zertifizierten Therapeuten brauchen. Diese Geschichten sind komplex und oft langwierig. Gerade die Beurteilung des Therapieverlaufes bedarf einer fundierten Ausbildung und jahrelanger Erfahrung.

Mein Fazit: Manchmal darf es einfach sein. Aber die „ganze“ Homöopathie ist sehr umfangreich und bedarf einer fundierten Ausbildung sowie einer lebenslangen Weiterbildung.«

Dr. rer. nat. Susanne Schnittger
Vorstand Akademieleitung


»Mit gleicher Sorgfalt und Umsicht hat man früher niemals bei der Behandlung eines Kranken verfahren, und man darf mit Entschiedenheit behaupten, dass der hier in Rede stehende Hippokratische Aphorism niemals in solcher Wichtigkeit erkannt und mit solcher Vollständigkeit befolgt ist, wie eben bei der Homöopathie.

Man muss freilich zugeben, dass dieser Weg lang und mühsam ist; aber man wird auch dafür nicht in Abrede stellen und durch keine Thatsache beweisen können, dass es einen kürzeren und Bequemeren gibt, der eben so sicher zum Ziele führt. Was gilt aber der größere Aufwand von Zeit und Mühe, wenn es sich um Gesundheit und Leben eines Menschen handelt? –

Indessen wird auch dieser Weg, der dem Anfänger unabsehbare lang erscheint, durch fortschreitend genauere Bekanntschaft mit dem Genius der einzelnen Arzneien und durch die allmählich erlangte Uebung, das Wichtige von dem Unerheblichen zu trennen, unbeschadet der Sicherheit, immer mehr und bedeutender abgekürzt, und der routinirte Homöopath erlangt allmälig darin eine Leichtigkeit und Fertigkeit, die er anfangs für unmöglich halten musste. Selten oder nie würde aber der Kenntnisreichste und Geübteste bei allen vorkommenden Krankheiten mit seinem auch noch so treuen Gedächtnisse allein ausreichen, sondern er wird öfterer oder seltener in dem Fall kommen,  wo er, um sicherzugehen, sich genöthigt sehen wird, zu den Arzneiprüfung selbst seine Zuflucht zu nehmen und sich darin Raths zu erholen.«

Clemens von Bönninghausen (1785-1864)
nach einer Anregung von Michael Neuperth

Quelle: AHP 360 =  Die Aphorismen des Hippokrates nebst den Glossen eines Homöopathen, C. v. Bönninghausen, Verlag Otto Purfürst, Leipzig 1863, Seite 360)